Aufgrund gescheiterter Tarifverhandlungen mit dem Krankenkassenverband Santésuisse / CSS wird meine Praxis am Anordnungsmodell per 1.7.22 nicht
teilnehmen, da diese Verhandlungs- bzw. Arbeitsverweigerung derzeit hohe Ungewissheiten für die Praxen verursacht (verschiedene Tarife und einiges ist beim Anordnungsmodell unklar). Nun muss der
Solothurner Regierungsrat entscheiden, wie es weiter geht mit dem neuen Psychotherapie-Tarif in unserem Kanton und ob es doch noch einen einheitlichen Psychotherapie-Tarif in Solothurn
gibt.
Denn es gibt inzwischen einen neu verhandelten Psychotherapie-Tarif mit dem anderen grossen Krankenkassenverband Curafutura und falls
dieser vom Solothurner Regierungsrat als allgemeinverbindlich erklärt wird (also auch für die Santésuisse / CSS), dann gäbe es doch noch einen einheitlichen Psychotherapie-Tarif. Das würde vieles
vereinfachen. Den Curafutura-Krankenkassen Helsana, Sanitas, KPT sei explizite Anerkennung und Dank gezollt, dass sie mit den Psy-Verbänden im Sinne des Patientenwohls ernsthaft verhandelt
haben.
Zu Ihrer transparenten Information: Grundsätzlich sind die Psychotherapien mit ärztlicher ANORDNUNG bei selbständigen
Psychotherapeuten ab 1.7.2022 in der Schweizer Grundversicherung versichert, jedoch nimmt meine Praxis beim aktuellen Stand aus den genannten Gründen nicht am Anordnungsmodell
teil. Bei einer ärztlichen ANORDNUNG müssen Sie zwingend in die Grundversicherung wechseln, bei meiner Praxis wäre dann also derzeit keine Psychotherapie
mehr möglich.
Oft steht leider bei den Zusatzversicherungen, dass Sie eine ärztlich ANORDNUNG bräuchten, aber dieses Wort ANORDNUNG wird
Sie oft in direktem Wege in die Grundversicherung führen. Die Zusatzversicherungen werden dann erklären können, dass die Anordnung nur für die Grundversicherung gilt und die Zusatzversicherung
nichts zahlt. Die Leistung sei ja durch die Grundversicherung abgedeckt (gemäss Infos der Psy-Verbände).
Für eine Psychotherapie in der Zusatzversicherung brauchen Sie gemäss Ihrer individueller Zusatzversicherungspolice manchmal - nicht immer - eine ärztliche ZUWEISUNG FÜR DIE ZUSATZVERSICHERUNG (aber bitte eben keine ärztliche Anordnung, da dies zwingend den Wechsel in die Grundversicherung für Sie bedeutet, also zu einem anderen Psychotherapeuten, ausser Sie würden denn einen Psychotherapeutenwechsel wünschen).
Persönliche Anmerkungen:
Auch viele andere Psychologische Praxen werden wegen uneinheitlicher Tarife wohl nicht am Anordnungsmodell teilnehmen, wobei neben
vielen Ungewissheiten der vorgesehene bürokratische Aufwand im Anordnungsmodell sowie gewisse Regelungen (erster Psychotherapie-Bericht an die Krankenkasse muss gratis in der Freizeit geschrieben
werden) für viele Praxen natürlich auch eine Abschreckung hat.
Somit werden wahrscheinlich weiterhin viele Psychologische Praxen ausserhalb der Grundversicherung arbeiten. Die Grundlage,
dass genügend Psychologische Praxen in der Grundversicherung arbeiten, sind einigermassen realistische Tarife, möglichst wenig und abgegoltener bürokratischer Aufwand sowie eine pragmatisch
umgesetzte und zielführende Kostenkontrolle / Qualitätssicherung.
Längerfristig ist meines Erachtens berufspolitisch sicherlich auch der Wechsel vom ärztlichen Anordnungsmodell zu
einem hausärztlichen Überweisungsmodell zwingend notwendig (analog zum Hausarztmodell). So ist die Kostenkontrolle gegeben, jedoch der fachliche Verantwortungsbereich der
Psychologischen PsychotherapeutInnen der langen Ausbildungszeit von 10-12 Jahren entsprechend auch inhaltlich angemessen (fachliche Autonomie). Auch dies ist sehr wichtiger Punkt für die
langfristige berufliche Zufriedenheit der Psychologischen PsychotherapeutInnen.
Denn falls zu wenig PsychotherapeutInnen im Anordnungsmodell mitmachen, kommt es im Anordnungsmodell zu einer Verschlechterung statt
zu einer Verbesserung der psychotherapeutischen Patientenversorgung, da viele bisher delegiert tätige PsychotherapeutInnen sich selbständig machen müssen und aus dem
Anordnungsmodell/Grundversicherung aussteigen.
Wie weiter?
Weiterhin ist aus den genannten Gründen bei meiner Praxis nur die Privatzahlung/Selbstbezahlung möglich oder, sofern bei Ihnen
vorhanden, die Teilabbrechnung über eine private Zusatzversicherung - also so wie bisher. Die Zusatzversicherungen für Psychotherapien bleiben gemäss Psychologenverbänden bei
den meisten Krankenkassen in Kraft, auch nach Einführung des Anordnungsmodells ab 1.7.22. Sollte ein einheitlicher Tarif im Kanton Solothurn zustande kommen und der administrative Aufwand auch
abgegolten werden, dann wird meine Praxis womöglich beim Anordnungsmodell teilnehmen (jedoch kann ich hier zum aktuellen Zeitpunkt also keine Versprechen abgeben). Vorderhand muss das
Anordnungsmodell abgewartet und beobachtet werden.
Sollte wider Erwarten aber eine Krankenkasse ihren Kostenanteil gemäss Zusatzversicherungsvertrag plötzlich nicht mehr übernehmen und Sie damit in die Grundversicherung zwingen wollen, lohnt es sich, sich zu wehren: Für was zahlt man schliesslich Zusatzversicherungsprämien, wenn die vertraglich abgemachten Versicherungsleistungen gar nicht geleistet werden?
Damit schadet eine solche Krankenkasse ihrem eigenem Ruf in der Bevölkerung und wird mit ihrer Zusatzversicherung unattraktiv für ihre Kunden. Wie
gesagt: Viele psychotherapeutische Praxen werden wie meine Praxis derzeit nicht in das Anordnungsmodell/Grundversicherung wechseln aufgrund vieler Ungewissheiten.
Die Therapien über die Sozialversicherungen wie zum Beispiel der IV wie der SUVA werden natürlich weiterhin finanziert (keine Änderungen).
Hier bei Interesse ein Link zur "sehr stiefmütterlichen" Geschichte der Psychologischen Psychotherapie in der Schweiz:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/209496/Psychotherapie-in-der-Schweiz-Eine-aerztlich-angeordnete-Behandlung
Es wird deutlich, dass aus langfristiger Perspektive wie ein roter Faden oft nur die Kostenseite (Kostenoptimierung) in der Schweiz beachtet wird, jedoch der Nutzen der Psychotherapie für die Gesellschaft komplett ausgeblendet wird:
70 bis 80% aller chronischen Zivilisationserkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Herzkreislauferkrankungen, Gefässerkrankungen, Gehirn- und Herzinfarkte, rheumabedingte Erkrankungen, Magen- und Darmbeschwerden, Burnout, Tabak- und Alkoholkabhängigkeit sowie andere Substanzabhängigkeiten, vorzeitige Alterung etc.) sind nachweislich gemäss WHO auch stressbedingt durch die langjährige Erhöhung von Stresshormonen im Blutplasma in der Bevölkerung.
Psychischer Stress führt ausserdem häufig auch zu gestresstem Essverhalten (ungesunde Ernährung), Schlafmangel und Bewegungsmangel (keine Zeit für Sport oder zu erschöpft hierfür).
Dies alles zeigt wie wichtig die psychische Gesundheit auch für die körperliche Gesundheit der Bevölkerung ist.
Der Arzt und Biochemiker Hans Selye (1907–1982) entwickelte die Grundlagen der Lehre vom Stress. Er gilt somit als „Vater der Stressforschung“. Seine Erkenntnisse
zeigten, dass Belastungen Konsequenzen für die körperliche Gesundheit haben. Wichtig war vor allem die Erkenntnis, dass Stress vom Blut über das Gehirn bis hin zu den Muskeln, dem Stoffwechsel
und den Hormonen auf nahezu allen Ebenen des Menschen - körperlich, psychisch und mental - sich auswirkt.